PRÄNATALDIAGNOSTIK

Die Pränataldiagnostik (PND) sucht gezielt nach Störungen in der fetalen Entwicklung.
Mittels hochauflösender Ultraschalluntersuchungen und spezieller Laboruntersuchungen wird gezielt nach Hinweisen auf eine gestörte fetale Entwicklung, kindliche Fehlbildungen und körperliche Hinweise auf genetische Erkrankungen gesucht.

Man unterscheidet zwischen invasiven und nicht invasiven Verfahren:
Nicht invasive
Verfahren sind Ultraschall-Untersuchungen und Bluttests bei der Schwangeren.

  • Ersttrimesterscreening
  • Präeklampsie-Screening
  • Nichtinvasiver Pränataltest / NIPT
  • Feindiagnostik/Organscreening

Bei den invasiven Verfahren wird unter Ultraschallkontrolle eine Punktion der Gebärmutter durchgeführt.

  • Chorionzottenbiopsie (Punktion von Mutterkuchengewebe)
  • Amniozentese (Punktion von Fruchtwasser)
  • Chordozentese (Punktion der Nabelschnur)
  • Fetale Punktion (Punktion des Feten)

Viele Schwangere erhoffen sich von pränataldiagnostischen Untersuchungen die Beruhigung, dass das Kind gesund aussieht. In der überwiegenden Mehrzahl ist das glücklicherweise der Fall, nur ca. 3-5% der Kinder haben bei der Geburt Fehlbildungen unterschiedlichen Schweregrades, genetische Störungen sind mit ca. 1% deutlich seltener.

Bevor sich die werdenden Eltern für oder gegen eine Pränataldiagnostik entscheiden, sollten sie sich allerdings unbedingt Gedanken über mögliche Konsequenzen bei einem ggf. auffälligen Befund machen. Psychosoziale Beratungsstellen bieten hierbei vor, während und nach der Diagnostik kostenfreie Unterstützung an.

Wird bei der Pränataldiagnostik eine kindliche Anomalie festgestellt, kann das trotz aller Sorgen hilfreiche Informationen liefern:

  • Die Eltern können sich auf die Besonderheiten ihres Kindes vorbereiten.
  • Spezialisierte Ärzte können frühzeitig über die Behandlungsmöglichkeiten des Kindes nach der Geburt beraten.
  • Die Geburt kann in einem spezialisierten Krankenhaus, einem Perinatalzentrum, geplant werden, in dem eine optimale Erstversorgung und Weiterbehandlung des Kindes durch spezialisierte Kinderärzte gewährleistet wird.
  • Bei einigen wenigen Erkrankungen sind fetale Therapien möglich.

Es gilt jedoch auch, die Einschränkungen der PND zu bedenken:

  • Auffällige Befunde lösen Ängste und Sorgen aus, und belasten den weiteren Schwangerschaftsverlauf
  • Nicht alle genetischen Erkrankungen oder Fehlbildungen sind durch die Pränataldiagnostik erkennbar. Auch eine als unauffällig bewertete Untersuchung gibt keine Garantie für ein vollständig gesundes Kind.
  • Einige Untersuchungen geben nur eine Risikoeinschätzung und keine sichere Diagnose ab. Dies kann weitere Untersuchungen nach sich ziehen.
  • Viele Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen des Kindes können zwar vorgeburtlich erkannt werden, eine Behandlung in der Schwangerschaft ist jedoch nur bei wenigen Krankheiten möglich.
  • Bei Vorliegen einer genetischen Störung oder Fehlbildung ist eine Einschätzung des Ausmaßes der geistigen oder körperlichen Behinderung häufig nicht exakt möglich.
  • Insbesondere bei ungünstigen Ultraschallbedingungen (mütterliches Ãœbergewicht, ungünstige kindliche Lage, sehr frühes oder spätes Schwangerschaftsalter) ist die Erkennungsrate eingeschränkt.
  • Invasive Verfahren gehen mit einem geringen Fehlgeburtsrisiko einher (ca. 0,1% bei einer Fruchtwasserpunktion).
  • Nachgewiesene Chromosomenanomalien oder schwerwiegende Fehlbildungen des Kindes führen oft zu Schwangerschaftskonflikten. Die werdenden Eltern geraten in einen Entscheidungsdilemma (Leben mit einem erkrankten Kind bzw. Kind mit Behinderungen oder mitunter später Schwangerschaftsabbruch).

Die oben genannte spezielle Pränataldiagnostik ist nicht Bestandteil der normalen Schwangerenvorsorge und daher häufig keine Krankenkassenleistung. Die Mutterschaftsrichtlinien sehen bei risikofreien Schwangeren drei Basis-Ultraschalluntersuchungen in der gesamten Schwangerschaft vor. Fehlen mütterliche Risikofaktoren, müssen pränataldiagnostische Untersuchungen daher selbst bezahlt werden (sogenannte Individuelle Gesundheitsleistungen). Bestehen mütterliche Risikofaktoren oder ergibt sich bei den Vorsorgeuntersuchungen beim Frauenarzt oder während der Pränataldiagnostik der Verdacht auf eine kindliche Entwicklungsstörung, werden die Kosten weiterer Untersuchungen in der Regel von den Krankenkassen übernommen. Hierfür benötigen wir einen Überweisungsschein des Frauenarztes.

Das Ersttrimesterscreening (Frühe Fehlbildungsdiagnostik, Risikoberechnung der Trisomien 13,18,21) ist von einer Kostenübernahme durch die Krankenkasse zumeist ausgenommen und daher Selbstzahlerleistung. Die Kosten für den NIPT werden ab 01.07.2022 bei bestimmten Indikationen von den Krankenkassen übernommen.

Ab einem Alter von 35 Jahren und dadurch bedingt ansteigendem Risiko für bestimmte Chromosomenanomalien wie die Trisomie 21 besteht der Anspruch auf eine Fruchtwasseruntersuchung als Kassenleistung.

Vor einer pränataldiagnostischen Untersuchung erfolgt verpflichtend eine fachgebundene genetische Beratung. Hierbei wird über das Verfahren der Pränataldiagnostik, deren Zweck und Aussagekraft aufgeklärt. Auch über die Vor- und Nachteile bzw. Risiken der jeweiligen Untersuchungen wird informiert. Insbesondere bei festgestellten Anomalien oder familiärer Belastung durch genetische Erkrankungen kann die spezialisierte Beratung durch einen Facharzt für Humangenetik als Krankenkassenleistung in Anspruch genommen werden. Die Schwangere muss gemäß den Vorschriften des Gendiagnostikgesetzes in jede vorgeburtliche genetische Untersuchung schriftlich einwilligen.

https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/g/gendiagnostikgesetz.html

Es besteht aber auch ein Recht der Schwangeren auf Nichtwissen und darauf, pränataldiagnostische Untersuchungen abzulehnen. Grundsätzlich gehört es jedoch zur Informationspflicht von Ärzten, die Schwangere über einen auffälligen Befund aufzuklären.